Klima-Initiative stellt erste Weichen

Neues Energiekonzept für den Weg zum CO2-neutralen Fischereihafen skizziert

Zwei Jahre nach ihrer Gründung hat die Klimakooperation Fischereihafen Bremerhaven (Climate Cooperation Fischereihafen – kurz CCF) erste Weichenstellungen auf dem Weg des Gewerbe- und Industriegebietes zur CO2-Neutralität skizziert. Bis 2030 kann es demnach gelingen, das etwa 460 Hektar große Areal und die dort ansässigen rund 400 Firmen mit Strom und Wärme aus nichtfossilen Quellen zu versorgen. Diese Idee für das weitere Vorgehen stand im Mittelpunkt der Jubiläumsveranstaltung, mit denen die aktuell 43 CCF-Mitglieder das zweijährige Bestehen der unternehmensübergreifenden Umwelt-Initiative feierten.

„Die Klimakooperation Fischereihafen zeigt eindrucksvoll, wie Wirtschaft und Klimaschutz Hand in Hand gehen können. Es ist ein starkes Signal für den notwendigen Transformationsprozess unserer gesamten Wirtschaft, wenn Unternehmen, die miteinander im Wettbewerb stehen, gemeinsam Verantwortung übernehmen. Die CCF ist damit ein echtes Vorbild für andere Standorte – in Bremen, bundesweit und darüber hinaus – und zeigt zugleich, dass Klimaschutz ein klarer Standortvorteil sein kann,“ so Kristina Vogt, Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation.

Aus der ursprünglich von fünf Unternehmen entwickelten Initiative hat sich inzwischen ein breites Bündnis von kleinen und großen Firmen aus nahezu allen Branchen im Fischereihafen entwickelt. „Die bereits unternommenen Schritte belegen, dass Klimaschutz im Fischereihafen kein Lippenbekenntnis ist“, betonte Felix Ahlers, Vorstand der Frosta AG, zu Beginn der Veranstaltung, „aber es ist auch klar, dass noch einiges an Arbeit zu tun ist, um das angestrebte Zeitziel 2030 zu erreichen.“ Dass das Vorhaben gelingen wird, steht für Petra Neykov, Geschäftsführerin der Fischereihafen-Betriebsgesellschaft (FBG), außer Frage: „Dass die Initiative aus der Wirtschaft entstanden ist, unterstreicht den hohen Stellenwert des Themas in den Unternehmen.“ Neben einem bundesweit positiven Medienecho findet die Klimakooperation auch offiziellen Anerkennung. Nach der Auszeichnung mit dem Innovationspreis „Motor des Nordens“ zählt die CFF aktuell zu den drei Finalisten des diesjährigen Bremer Umweltpreises der „BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven“, der am 19. September verliehen wird.

Studien und Analysen zeigen Alternativen für die Versorgung mit Strom und Wärme auf

Mit einem aktuellen Jahresbedarf von insgesamt fast 350 Gigawattstunden sind Strom und Wärme die wichtigsten Stellschrauben für eine Verringerung der CO2-Emissionen im Fischereihafen. „Unsere bisherigen Studien und Analysen haben uns gezeigt, dass es möglich ist, einen Großteil der im Fischereihafen verbrauchten Energie aus lokal verfügbaren erneuerbaren Energien abzudecken – nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil an Strom müsste von außerhalb des Gewerbegebiets bezogen werden“, erläutert Dr. Alexander David, bei der FBG verantwortlich für erneuerbare Energien und Moderator der CCF. Die auf Basis der Analyse-Ergebnisse entwickelte Skizze sieht vor, den Fischereihafen mit „grünem“ Strom aus bis zu sieben Windenergieanlagen und auf den Betriebsdächern installierten Photovoltaikanlagen zu versorgen.

Die Wärmeenergie, die bisher über Erdgas gewonnen wird, könnte zukünftig mittels Wärmepumpen, Holzhackschnitzeln und besonders im Bereich von Produktionsprozessen direkt aus Strom bereitgestellt werden. Der Umstand, dass wir einige der angedachten Windräder direkt zum Antrieb der Wärmepumpen nutzen könnten, ist eines der Schlüsselelemente für einen möglichst günstigen Wärmepreis. Das zweite Schlüsselelement ist die Besonderheit, dass im Fischereihafen ein großer, Holz verarbeitender Betrieb ist, in dem Hackschnitzel als Nebenprodukt anfallen – somit sind diese Hackschnitzel tatsächlich eine lokal verfügbare Ressource. Die Abwärme, die z.B. durch die Kühlprozesse im Gewerbegebiet anfällt, könnte ebenfalls für die Wärmeversorgung genutzt werden – man müsste sie nur auf ein höheres Temperaturniveau bringen.

„Nachhaltigkeit ist kein Nice-to-have, sondern ein wirtschaftlicher Imperativ“

Eine CO2-neutrale Energieversorgung des Fischereihafens hat über den Klima- und Umweltschutz hinaus eine große wirtschaftliche Bedeutung, betonte Svenja Genuttis-Wiebalck in ihrem Statement zu Beginn der Veranstaltung: „Nachhaltigkeit ist kein Nice-to-have, sondern ein wirtschaftlicher Imperativ. Damit grüne Geschäftsmodelle wachsen können, brauchen wir u.a. bezahlbare Energie. Nur so bleibt unsere Wirtschaft – auch die im Fischereihafen – wettbewerbsfähig.“ Svenja Genuttis-Wiebalck hat sich der Klimakooperation schon frühzeitig mit ihrem mittelständischen Betrieb der Sanitär- und Heizungstechnik angeschlossen: „Diese Kooperation ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen interessant, weil wir die vor uns liegenden Aufgaben gemeinsam viel besser bewältigen können als im Alleingang.“

Nach Überzeugung der CCF kann eine autarke Versorgung des Fischereihafens mit Strom und Wärme aus erneuerbaren und regionalen Quellen zur Stabilität und langfristigen Kalkulierbarkeit der Energiekosten im Fischereihafen beitragen. Die Sorge um ausufernde finanzielle Belastungen für die Wirtschaft hatte vor gut zwei Jahren auf den Weg zur Klimakooperation geführt. „Anfangs haben wir nach Auswegen aus der drohenden Energiekrise gesucht, die sich zu Beginn des Ukraine-Krieges abzeichnete“, erinnert sich Ralf Finck, Energieeinkäufer der Frosta AG, der gemeinsam mit seinem Kollegen Timo Mahler (Deutsche See GmbH) die Idee zu der Initiative entwickelt hatte: „Es wurde uns schnell klar, dass Alternativen zur bisherigen Energieversorgung auch mit Blick auf den Klimaschutz notwendig sind.“

Initiative will Ideenskizzen in den kommenden Monaten konkretisieren

Die bislang entwickelten Ideenskizzen sollen in den kommenden Monaten konkretisiert werden. Dazu zählt auch die Frage, wie die notwendige Infrastruktur für eine nachhaltige Energieversorgung organisiert werden kann. CO2-Neutralität in Produktion und Betrieb stellt außerdem einen deutlichen Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen im Fischereihafen dar.

Um den direkten Einfluss der Wirtschaft im Fischereihafen auf die Energieversorgung sicherzustellen, prüft die Kooperation die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft, die von den ansässigen Unternehmen getragen wird. Die bislang für ein derartiges Gewerbegebiet bundesweit einmalige Initiative wird bereits jetzt durch die besondere Struktur des Fischereihafens gestützt: Mit der FBG steht den Unternehmen im Fischereihafen Bremerhaven eine zentrale Institution zu allen Fragen rund um Infrastruktur und Versorgung zur Verfügung. Die FBG begleitet und moderiert die Arbeit der Klimakooperation.

Zu den weiteren Aufgaben, für die die Kooperation derzeit Lösungen erarbeitet, zählt unter anderem eine bedarfsgerechte Anbindung des Fischereihafens an den öffentlichen Personennahverkehr. Im ebenfalls von einer Arbeitsgruppe betreuten Themenbereich „Lager und Logistik“ zeichnet sich eine weitere Weichenstellung ab: Um den Lkw-Verkehr von und in den Fischereihafen zu verringern und für weitere CO2-Einsparungen zu sorgen, soll die an das deutsche Schienennetz angeschlossene Hafenbahn weiter ausgebaut werden.

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